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Mittwoch, 26 August 2015 15:16

TTIP & CETA | Kultur und Kreativwirtschaft besonders betroffen | Demo

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ttip demo380x141Wenn über TTIP und Kultur gesprochen wird, denken viele zuerst an öffentliche bzw. öffentlich-geförderte Kultureinrichtungen. Diese sind selbstverständlich von TTIP betroffen, da sie zur Daseinsvorsorge gehören. Und hier wirkt sich die Architektur des Abkommens besonders negativ aus. Wurde in früheren Freihandelsabkommen festgelegt, welche Wirtschaftssektoren vom Abkommen erfasst werden, sind bei TTIP alle Sektoren betroffen und die Ausnahmen müssen in sogenannten Negativlisten beschrieben werden. Doch wie sollen Negativlisten für jene Bereiche der Daseinsvorsorge erstellt werden, die heute noch nicht bekannt sind?

Es ist aber zu kurz gesprungen, bei TTIP und Kultur nur an den öffentlichen Kulturbereich zu denken. TTIP betrifft als Freihandelsabkommen für Güter und Dienstleistungen insbesondere die Kultur- und Kreativwirtschaft. Immerhin eine Branche mit 1,6 Millionen Beschäftigten in Deutschland, deren Beitrag zur Bruttowertschöpfung in Deutschland über der der chemischen Industrie oder der Energieversorgung liegt.

In der Kultur- und Kreativwirtschaft arbeiten mehr Erwerbstätige als in der chemischen Industrie, der Energieversorgung oder bei Finanzdienstleistern. Es sollte daher von immens wirtschaftspolitischem Interesse sein, die Probleme des Kultur- und Medienbereichs mit TTIP wahrzunehmen.  

In diesem Zusammenhang gilt es besonders die indirekte Unterstützung des Kultur- und Medienbereichs durch die Gestaltung von Rahmenbedingungen in den Blick zu nehmen. Die Buchpreisbindung ermöglicht in Deutschland eine weltweit beachtete Verlagswirtschaft und einen flächendeckenden stationären Buchhandel, der seinesgleichen sucht. Bislang haben weder EU-Kommission noch Bundesregierung rechtssicher, d.h. für die Verhandlungen verbindlich, zugesichert, dass die Buchpreisbindung nicht angetastet wird. Das Urheberrecht hat sich gerade mit Blick auf die digitale Welt zum Marktordnungsrecht entwickelt. Das urheberzentrierte deutsche Urheberrecht, das in diesem Jahr sein 50jähriges Bestehen feiert, darf durch TTIP nicht gefährdet werden. Die USA mit ihrem produzentenorientierten Copyright-System verfolgen einen gänzlich anderen Ansatz.  

Die im EU-Verhandlungsmandat formulierte und oft angeführte Ausnahme des Kulturbereiches gilt im Übrigen ausschließlich für die audiovisuellen Medien und hier vor allem für den Film sowie die traditionellen Verbreitungswege des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die digitalen Verbreitungswege werden unter Telekommunikation subsumiert und sind durch keine Ausnahme geschützt. Gerade diese Verbreitungswege gewinnen im Kultur- und Medienbereich an Bedeutung und sie sind es auch, an denen die US-Amerikaner großes Interesse haben. Es besteht die Gefahr, dass die kleine und mittelständische Unternehmen, die in Deutschland in neue Verbreitungsformen und -wege von Kunst und Kultur investieren und neue Geschäftsfelder erschließen, durch TTIP auf der Strecke bleiben.   

Für den Kultur- und Medienbereich sind keine positiven Wirkungen von TTIP zu erkennen – außer einer: der Protest vereint uns mit Verbänden, mit denen wir zuvor noch nie zusammengearbeitet haben. Die Breite des Trägerkreises der TTIP-Demo am 10.10.2015 ist ein sichtbares Zeichen der Zusammenarbeit sehr unterschiedlicher Organisationen, die ansonsten eher wenig miteinander zu tun haben. Eine von der EU-Kommission und der Bundesregierung sicherlich unbeabsichtigte Nebenwirkung ist diese Stärkung des zivilgesellschaftlichen Protestes.  

Die Statements des Podiumsteilnehmer (Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied; Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin Brot für die Welt; Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Olaf Zimmermann, Dt. Kulturrat) können hier nachgelesen werden.   

Mehr zum Thema, das Plakat zur Demonstration, den aktuellen Flyer zur Demonstration .... können Sie hier finden.

Mehr auf K10 | Freihandelsabkommen betrifft auch die Kultur

www.ttip-demo.de
www.kulturrat.de

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