Eines der Ateliers hat die bildendende Künstlerin ChaBé gemietet. „Das erste Mal seit mehr als 20 Jahren eines mit funktionierender Heizung.“ freut sie sich. Aus ihrem früheren Atelier im Körnermagazin hatte sie noch ein paar der bunten Türen gerettet und mitgebracht – man weiß ja nie. Und auch von Biennale-Künstler René Chacon, kürzlich überraschend verstorben, steht hier wieder (s)ein Schreibtisch.
Rote Tür aus der Schubsa
Recycling und Upcycling sind überhaupt ein großes Thema in der Batterie 94. Für Sebastian Lehners Fahrradwerkstatt, er ist zudem Imker und mit seinen Bienenvölkern der fünfte im Bunde, wurde eines der roten Tore der abgerissenen Schubsa-Gießerei eingebaut. Ein Ingolstadt-Liebhaber hatte sie als wichtiges Stück Industriegeschichte lange aufbewahrt. Sie passt jetzt genau hierher. Das Schild „Vorsicht Fußgänger“ ist auch noch echt. So etwas nennt man wohl Wertschätzung - ein Spirit, ohne den das ganze Projekt nicht denkbar gewesen wäre.
Upcycling-Design
Die prächtigen, gläsernen Kronleuchter und lichtstreuenden Wandobjekte sind Upcycling-Design von Markus Jordan. Sie können, ebenso wie die aufgearbeiteten Stühle im Veranstaltungsraum oder die Malerei, auch gekauft werden. Weitere Re-Finanzierung kommt aus dem Barbetrieb, aus Veranstaltungen, Workshops, Vermietung der Räume. Auch finanziell das Projekt durchdacht.
Stadtgeschichte korrigiert
Die Batterie 94 am Künettegraben ist natürlich auch ein Stück Stadtgeschichte. Nicht ganz unumstritten, wie Festungshistoriker Dr. Ernst Aichner in einem ebenso kurzen wie fröhlichen, historischen Exkurs erläuterte. Der ehemalige Direktor des Bayerischen Armeemuseums stellte zunächst klar, dass er überhaupt zum allerersten Mal an der Eröffnung einer solchen „ich nenn es mal ... Einrichtung“ teilnehme. Und rückte dann die Geschichte zurecht, weil es sich bei diesem Festungsbau eben nicht um eine Batterie handle, sondern um eine Kaponniere. Verkürzt wiedergegeben ist die Batterie eine Plattform, die Kaponniere dagegen ein Hohlraum für Geschützkanonen.
„Frau Weinfurtner, ich flehe sie an …“
Dr. Aichner, Festungshistoriker und Armeemuseumsdirektor a.D.
Die enormen Deckenhaken, die heute Jordans Kronleuchter tragen, zeugen noch davon, dass hier einst die Kanonen eingehängt waren, im Inneren des Bauwerks. Seiner Hoffnung auf Richtigstellung verlieh Aichner mit einem eindringlichen Flehen an die Chefin des Hauses Ausdruck: „Frau Weinfurtner, ich flehe sie an, ändern sie den Namen in Kaponniere, sie haben die seltene Gelegenheit, die bayerische Geschichte korrigieren zu können!“
Überhaupt zeigte sich Ingolstadt an diesem Abend von seiner schönsten Seite – offen, feierfreudig und vielfältig. Künstlerinnen, Polizeisportler, Autoren, Militärhistoriker, Schauspielerinnen, Theaterszene ... feierten mit Kulturinteressierten aus Stadt, Politik und Verwaltung die gelungene Eröffnung.
Und weil sowohl Kulturreferent Engert anwesend war als auch Stadtbaurätin Presslein-Lehle und einige Stadträtinnen richtete Ines Weinfurtner auch gleich eine Bitte ans geneigte Publikum: auf dem Dach der Batterie, pardon Kaponniere, sei ja großer Dachgarten. Diesen könne man nur öffentlich nutzen, wenn es einen Zaun gäbe, der vor einem Absturz in den Künettegraben bewahre. Ob hier nicht die Stadt eine Idee hätte … Die Stadt wird es sich wohl überlegen. Immerhin ist die Batterie letztlich eine städtische Liegenschaft. Diese private Initiative zur lebendigen Nutzung eines Festungsbaus als kreatives Zentrum ist ein ungeheurer Gewinn für das kulturelle Leben und das urbane Ingolstadt. Bis es mit dem Zaun soweit ist, leben dort oben eben Sebastian Lehners Bienenvölker und produzieren Honig aus dem Auwald, denn auch der ist ja gleich nebenan.
Es ist, als hätten alle darauf gewartet
Die Batterie 94 – ein Traum vieler, den Weinfurtner, Jordan und Parthum mit ihrem Pioniergeist wahr gemacht haben und an dem nun alle teilhaben können: es wird Lesungen geben, Konzerte, Partys, Diskussionen, Märkte, Ausstellungen, Performances, offene Atelierräume. Paula Gendrisch, Schauspielerin am Stadttheater, hat sich für ihr Projekt Figurentheater schon angemeldet, Bettina Krugsperger spielt mit Band am 25. Juni das erste öffentliche Konzert. Es ist, als hätten alle genau darauf gewartet. Petra Kleine
Batterie 94 - voll geladen!
Bilder von der Eröffnung der Batterie 94
(zum Vergrößern draufklicken)
Alle Bilder: ©Petra Kleine | K10