Dienstag, 23 Oktober 2012 23:45

Das geheime Leben der Pflanzen | Ab 26. Oktober Kunstverein IN

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Dem Kunstverein Ingolstadt wird mit seiner neuen Ausstellung „Das geheime Leben der Pflanzen“ etwas Gutes und Wichtiges gelingen. Soviel kann man nach einem Blick auf die Bilder der Berliner Malerin Frieda Knapp und auf das Begleitprogramm schon vorab sagen und damit dafür werben unbedingt hinzugehen. Zeitpunkt und die thematische Einbindung der Ausstellung sind genau hier, in Ingolstadt, und jetzt wichtig. Inhaltlich verbindet sich die Ausstellung erfreulich aktuell mit der documenta 13 und zeigt eine weitere, künstlerisch reflektierte Perspektive vom “Geheimen Leben der Pflanzen“. Im Begleitprogramm geht es um Urban Gardening, einem Phänomen das sich seit etwa 10 Jahren in Großstädten zeigt.

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Malerei von Frieda Knapp.  „Die Bilder der Ausstellung beschäftigen sich mit Pflanzen, ihren Formen und Lebensräumen und mit dem Rätsel ihrer Daseinsform. Die Künstlerin greift die im weiten, interdisziplinären Feld der Pflanzenforschung lange und kontroverse Tradition der Frage nach dem Geistigen in der Natur und deren Beseeltheit auf. Ein Bild ist ein Bild - eine Pflanze ist eine Pflanze ?! Wie im Zeitrafferfilm die Bewegung einer Pflanze sichtbar wird, und wie diese Anschauung einer sich bewegenden oder räkelnden Pflanze die bisherige Auffassung erschüttert – so eröffnen die Malereien eine sinnliche Ebene, die einerseits Abbild der Natur ist, als auch Muster und Formprinzipien abstrakt reflektiert und beschreibt“ fasst der Kunstverein die Ausstellung in Worte.

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Beseeltheit der Pflanzen - unwillkürlich wird man an die documenta 13 erinnert, die immer noch nachwirkt, die mit Schmetterlingsgärten und Bienenschwarm aufforderte und verführte das anthropozentrische Fühlen einmal zu verlassen, nicht-menschliche Formen von Intelligenz wahrzunehmen und das Recht von Pflanzen und Tieren auf Integrität zu erkennen und anzuerkennen.

 

Was der Kunstverein im Begleitprogramm mit „Urban Gardening“ aufgreift ist in Ingolstadt von Bedeutung und es ist großartig, das „Geheimen Leben der Pflanzen“  mit dieser neuen Ökobewegung und der Stadtentwicklung zu verknüpfen. Einmal im Vorfeld einer Landesgartenschau Ingolstadt 2020, die konzeptionell zwischen sozialem Wohnungsbau, Einkaufs- und Gewerbegebiet und Industrie angesiedelt ist. Zum anderen weil in Ingolstadt lange Zeit und zuletzt vergeblich versucht wurde, ein Projekt „interkulturelle Gärten“ umzusetzen und dies ausdrücklich vor dem Hintergrund unseres hohen Anteils von MigrantInnen. Auch das Scheitern dieses Projektes ist eine Beschreibung unserer Stadt. Das Thema Schulgarten hatte aktuell Brisanz, als dieser beim Neubau des neuen Schulzentrums Südwest überplant worden war und es Proteste der Schule und Eltern gab, um diesen Gemeinschaftsgarten zu erhalten.

Mit Christa Müller konnte der Kunstverein für das Begleitprogramm eine renommierte Referentin zum „Urban Gardening“ gewinnen, die diese Bewegung in ihren vielen Facetten kennt. Das Phänomen des großstädtischen Gärtnerns ist an sich nicht neu, eher neu interpretiert. So eroberten sich in den 70ern türkische MigrantInnen Brachflächen der Innenstädte, um Gemüse anzubauen. Bei den seit etwa 10 Jahren in vielen großen Städten entstehenden Gemeinschaftsgärten, Interkulturellen Gärten und Nachbarschaftsgärten geht es eher um das Miteinander, gemeinsames Lernen von sozialen Netzwerken, auch um das Handwerkliche, das Wissen vom Pflanzen und Ernten. Diese Gärten sind starke visuelle Botschaften an die Stadtplanung, wie urbanes Leben eben auch aussehen kann.

Die Ausstellung wird auch zeigen, wie wichtig Kunst und eine gute Kunstvermittlung, wie die des Kunstvereins Ingolstadt, für die Entwicklung einer/unsere Stadt ist und sie wird Impulse geben können für die Stadtentwicklung.

Ein Bild ist ein Bild?

Nicht zuletzt ist es auch schön, Kunst wieder einmal als großformatiges Bild erleben zu können. Mit einer Malerei, deren viele Schichten sich über stille, aufmerksame Wahrnehmung erschließen und zu der jede und jeder einen eigenen, persönlichen Zugang  finden kann.

 

Ausstellungseröffnung
Freitag, 26. Oktober 2012, 18 Uhr
Begrüßung: Dr. Christine Fuchs
Einführung: Dr. Catherine Nichols, Berlin  
Die Künstlerin Frieda Knapp ist anwesend.

27. Oktober bis 30. Dezember 2012
Do-So 11-18 Uhr
Kunstverein Ingolstadt, Schlosslände 1, 85049 Ingolstadt
Eintritt 2,- € / Eintritt bei der Vernissage frei
Schul- und Gruppenführungen nach Absprache

Frieda Knapp lebt und arbeitet in Berlin. 2011 erhielt sie das Stipendium vom FriedaKnapp157x161„Goldrausch Künstlerinnenprojekt art IT“. Seit 1998 ist sie an zahlreichen Gruppenausstellungen beteiligt, zuletzt 2010 in Potsdam („Ich Wicht“) und 2011 in Berlin („FAST AND FURIOUS – Goldrausch 2011“). In Einzelausstellungen zeigte sie ihre Arbeiten u.a. 2007 beim 4. Berliner Kunstsalon und 2009 in der Galerie Walden Berlin („Budenzauber“)  www.friedaknapp.org

Dr. Catherine Nichols, geb. 1974 in Sydney, ist freie Kuratorin, Autorin und Übersetzerin und lebt in Berlin. Sie kuratierte zahlreiche Ausstellungen, u.a. „Beuys. Die Revolution sind wir“ (2008, mit Eugen Blume, im Hamburger Bahnhof, Berlin), „Ich Wicht“ (2010, Kunstraum Potsdam im Waschhaus, Potsdam)

 

 Begleitprogramm

Urban Gardening – Neue Verbindungen zwischen Kunst und Subsistenz?
Dr. Christa Müller, Soziologin, München
Vortrag mit anschließender Podiumsdiskussion
8. November 2012, 19.30 Uhr

Gartendeck281x242Teilnehmende:
Dr. Christa Müller;  
Renate Preßlein-Lehle, Stadtbaurätin Stadt Ingolstadt;
Dagmar Voß, Geschäftsführerin der Gesellschaft zur Förderung der bayerischen Landesgartenschauen mbH;
Brigitte Krach, Elternbeiratsvorsitzende Apian-Gymnasium;  
Paul Melia, Landschaftsarchitekt, Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft IN
Moderation: Dr. Christine Fuchs 
In Zusammenarbeit mit dem Referat für Kultur, Schule und Jugend und dem Referat für Stadtentwicklung und Baurecht der Stadt Ingolstadt und dem Bund Naturschutz Ingolstadt

 

 www.kunstverein-ingolstadt.de

 

 

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