Dienstag, 04 Oktober 2016 00:41

Startschussenergie für Kreativwirtschaft | IFG baut Brücke für Kreative, Stadt und Wirtschaft

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kuk16 348x278 francescaIngolstadt | Kreativwirtschafts-Tag in Ingolstadt – mit Startschussenergie, als Impuls in eine urbane Stadt und Initialzündung für den nachhaltigen Austausch zwischen klassischer und kreativer Wirtschaft, zwischen Kulturszene und Politik. Und konkret mit einem Arbeitsauftrag des Oberbürgermeisters an die städtischen Kultur- und Wirtschaftsförderer. Übereinstimmend ein positives Fazit und so etwas wie Vorfreude auf die nächste Veranstaltung, die schon im November folgen soll. Mehr Erfolg geht nicht.

Eingeladen zum Austausch zur regionalen Kultur- und Kreativwirtschaft (KUK) und neue Sichtweisen darauf hatte die Industrie- und Wirtschaftsfördergesellschaft IFG. Hochkarätig waren Gäste aus Ministerium und Kompetenzzentren gekommen, klassische Unternehmen nahmen teil und solche aus der KUK, Politik, Verwaltung und Künstler*innen und Kulturschaffende, Vertreter von Kunstvereinen und –verbänden. Sie haben in Diskussionen und Denkfabriken bis in die Nacht gemeinsam das kreative Ingolstadt entworfen, Kritik geübt, Visionen entwickelt und Maßnahmen definiert. Das Existenzgründerzentrum hatte dafür Räume geöffnet und zeigte nebenbei wunderbare Werke des Ingolstädter Künstlers Werner Kapfer, seine großformatigen Klangbilder (s. unten). Da, wo Stadt und Wirtschaft der Kunst Raum geben und zusammenwirken, so könnte die Botschaft sein, ist es ein Gewinn für alle.

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Wenn von KUK die Rede ist, dann sind elf Wirtschafts-Branchen gemeint - die Märkte zu Wort, Ton, Bild, Medien, die bildenden und darstellenden Künste, Architektur, Marketing, Design sowie die digitale Wirtschaft gehören dazu. Diese zu stärken funktioniert anders als bei der klassischen Wirtschaftsförderung, weil sie kleinteilig und heterogen ist, weil Arbeitszusammenhänge und Anerkennungsstrukturen anders sind. Schlüsselmaßnahmen sind Wertschätzung, Sichtbarkeit, Raum, Netzwerkarbeit und vor allem ein Ansprechpartner, der berät und vermittelt.

Zahlen zur Ingolstädter Kultur- und Kreativwirtschaft

Die IFG ließ zur Einschätzung der KUK für 2012 und 2013 Kurzportraits erstellen. Es geht in Ingolstadt um etwa 300 – 400 Mio. Jahresumsatz, knapp 3000 erwerbswirtschaftliche Beschäftigte (selbstständig, geriongfürgig oder abhängig beschäftigt) und um die 600 Unternehmen. Im Städte-Vergleich eher unterdurchschnittlich. Gut die Hälfte des KUK-Umsatzes macht die digitale Wirtschaft, 15 Prozent das Medien- und Verlagswesen. Stark sind dann noch Architektur und Designwirtschaft sowie Werbung und Marketing. Die Künster*innen sind die zahlenmäßig zwar die größte Gruppe, jedoch mit der geringsten Wertschöpfung insgesamt und individuell – durchschnittlich 4200 € im Jahr. Die Experten empfehlen, diese gezielt zu stärken.

In Ingolstadt ist aktuell das Digitale Gründerzentrum das Kernprojekt der Stadt und des OB, gezielt für die umsatzstarken Digital-Branchen der Kreativwirtschaft. Doch auch das „Quirlige“ und Kleinteilige der KUK soll seinen Platz in der Stadt finden, so der OB in seinem Statement.

Wertschöpfung - traditionell in Ketten, kreativ in Netzwerken

Nicht zur KUK im eng definierten Sinne gehören übrigens die öffentlichen Kulturbetriebe wie das Stadttheater oder Museen. Sie sind jedoch unabdingbar für eine starke Kreativwirtschaft, ebenso wie kulturelle Bildung und eine vielfältige freie Szene. Und damit ist man auch schon mitten in der Diskussion, die sich zwischen den Marktgesetzen und der Freiheit der Kunst bewegt, zwischen Standortfaktoren und Subkultur, zwischen gewinn- oder ressourcenorientiertem Handeln, Wertschöpfungsketten oder -netzwerken. Und immer wieder wird klar: wer die KUK stärken will, braucht andere Maßnahmen als die der klassischen Wirtschaftsförderung. Allem voran, das sprachen sowohl Isabella Kreim (Kulturkanal) an, als auch Werner Kapfer (BBK) oder Sigrid Diewald (schnellervorlauf) muss es einen konkreten Ansprechpartner geben. Eine oder Einen, der die Denkweisen kreativen Schöpfens und Schaffens kennt, übersetzen kann, was gemeint ist, wenn es um Wertschätzung oder Freiräume geht. Jemand, der die verschiedenen Märkte kennt und weiß, dass Kreative den Kreativen folgen. Die Forderung eines solchen Clustermanagers, Ansprechpartners, Brückenbauers für Ingolstadt wurde verstärkt durch den brillanten Input von Sebastian Knopp. Oberbürgermeister Christian Lösel hatte gut zugehört und verstanden. Er gab schließlich noch vor Ort den „Arbeitsauftrag“ an die IFG, hierfür einen konkreten Vorschlag zu machen: „Lassen sie uns bitte sechs Monate Zeit dafür.“

Gesucht: Ansprechpartner, Kümmerer, Brückenbauer

Wirtschaftsförderin Alexandra Kröner und IFG-Chef Norbert Forster können diesen Kultur- und Kreativwirtschaftstag als Erfolg verbuchen. Die Atmosphäre zwischen Stadt und Kreativen war ja eher angespannt gewesen, von mangelnder Wertschätzung war die Rede. Theaterintendant Knut Weber hatte wenige Tage zuvor in einer vielbeachteten Rede beim Berufsverband Bildender Künstler wider die Austrocknung der Kultur gesprochen (Rede nachlesen hier). Jetzt wird eine Brücke gebaut. Es war von neuer, guter Gesprächskultur die Rede.

Im November geht es weiter - Jetzt anmelden!

Im November soll es einen Runden Tisch geben, an dem man sich weiter austauscht und es war reihum der Wunsch, dass auch Kulturreferent Engert dabei sein sollte. Kreative und Unternehmer*innen aller Branchen und Kulturschaffende können ihr Interesse formlos anmelden, per Mail an Alexandra Kröner, die leitende Wirtschaftsförderin der IFG Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! .

Hier noch Spotlights auf die einzelnen Beiträge.

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„Just call me!“ Dr. Andrea Niedzela-Schmutte ist Leiterin des Referates Kultur- und Kreativwirtschaft im bayerischen Wirtschaftsministerium. Sie unterstrich die Relevanz der kreativen Branchen für das traditionelle, das kulturelle und wirtschaftsstarke Bayern und den wichtigen Stellenwert der Kreativen für den Zukunftsstandort. Die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen sei eine politische Aufgabe, etwa beim neuen Urheberrecht. Hierfür seien der direkte Input und das Wissen aus der Kreativwirtschaft wichtig und hochwillkommen, meinte sie, "rufen sie einfach an".

Jürgen Enninger hat viele Jahre die Kreativen in ganz Bayern beraten und vorangebracht. Er leitet jetzt das vor kurzem geschaffene Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft München, dazu gab einen einstimmigen Stadtratsbeschluss. Seit 2012 hatte Jürgen Enninger auch in Ingolstadt Creative Mondays, Dialogforen und viele Beratungsgespräche vor Ort durchgeführt, um zu informieren und zu initiieren. Er kennt Ingolstadts kreative Wirtschaft von innen und außen. Enninger betonte die Schlüsselforderungen für die erfolgreiche Förderung der KUK: Wertschätzung, Sichtbarkeit, Raum, Netzwerke und Ansprechpartner. Anschaulich beschrieb er den Unterschied vom Arbeiten in den klassischen Wertschöpfungsketten und den neuen Wertschöpfungsnetzwerken, in denen Kreative arbeiten. Und: irgendwie scheint er an Ingolstadt zu hängen und unterstützt die Ingolstädter KUK auch weiterhin - wie schön!

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Sebastian Knopp (unten) ist Clustermanager für die KUK in Regensburg. Fest angestellt und in Vollzeit, wie er extra betonte, bei der Wirtschaftsförderung Regensburg. Klug und mit Witz, fundiert und anschaulich zeigte er, was seine Funktion als Ansprechpartner und Brückenbauer alles mit sich bringt. Und man hörte bei vielen geradezu den „Groschen fallen“, Aha, darum geht es also! Unterstützung Kreativer, Netzwerkarbeit, Branchentreffs, Informationen daraus an seine vorgesetzte Wirtschaftsförderung und in die Politik. Es lag sicher auch seiner Präsentation, dass hier der Funke übersprang – klar und konkret hat man nachvollziehen können, wo der sprichwörtliche Mehrwert einer solchen Ansprechpartners liegt: Kreative bleiben und gründen am Ort, vergrößern sich, professionalisieren ihre Ideen, werden Teil von Netzwerken, fassen wirtschaftlich Fuß. Zum Gelingen gehören neben der schöpferischen Idee auch Leidenschaft und Ressourcen und ein Netzwerk, eine Community, ein Angebot mit Beratung und Professionalisierung. Und nicht zuletzt der Mut zum Scheitern, so Knopp.

Sven Neuenfeldt war (nicht nur) der Moderator. Der Ingolstadt- und ein Arbeitsmarkt-Experte, Leiter der Arbeitsagentur Neuburg, ausgebildeter Speaker und Coach persönlicher Entwicklung und kreativen Denkens, Mitinitiator von Kopf.Kino (und nicht zuletzt erster Unterstützer des K10-Netzwerkes) war wie geschaffen für diesen Kreativwirtschaftstag. Er führte gut informiert und versiert durch den Nachmittag, den Abend, in die Nacht. Er rührte an die individuelle Kreativität jedes Einzelnen, nannte die Kreativschaffenden Ermöglicher und Treiber von Innovationen. Sein persönliches Highlight war, Werner Kapfer, seinen Kunstlehrer aus der Hauptschule Herschelstraße nach so vielen Jahren erstmals wieder zu treffen. Kapfer ist bildender Künstler und Vorsitzender des Berufsverbandes Bildender Künstler Oberbayern Nord. Beiden war das kreative Ingolstadt an diesem Tag ein großes Anliegen. Kapfer hob im Interview mit den Medien besonders die gute (neue) Gesprächskultur in der Stadt hervor, die sich bei dem Treffen gezeigt hatte.

Oberbürgermeister Christian Lösel sieht das neue Digitale Gründerzentrum als wichtiges Zukunftsprojekt. Er weiß, dass die digitalen Entwickler die ökonomisch starke Seite der Kreativwirtschaft sind, er weiß auch um die Kleinteiligkeit der kreativen Branchen. „Man sollte auch das Quirlige voranbringen.“ meinte er. Und gibt den „Arbeitsauftrag“ an die IFG, diese durch einen „Ansprechpartner“ zu unterstützen. Der OB war natürlich gesuchter Gesprächspartner – hier einmal mit Falco Blome und Leni Brem, zusammen die Leitung des Altstadttheaters, die ihm das neue Programm vorstellen, das dieser Tage startet. Und mit Manfred Habl, Künstler und für das hallertauer.info ein, wie er selbst sagt, „Wichtigmacher“ von Kulturthemen.

Sigrid Diewald ist Geschäftsführerin der Designagentur schnellervorlauf und im Fachbeirat von bayernkreativ, dem Bayr. Kompetenzzentrum der Kultur- und Kreativwirtschaft. Sie moderierte die Denkfabrik „Wo ist der KUK in 5 Jahren“. Als Mitinitiatorin der Aktion ACHTUNG KULTUR ist sie nicht nur in der Kultur und Wirtschaft gut vernetzt. Mit Jürgen Enninger und dem Kunstverein unterstützt sie seit vier Jahren die Förderung der KUK. Sie sah das Kreativwirtschaftstreffen als Initialzündung für die Kreativen in Ingolstadt.

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Wirtschaftsförderin Alexandra Kröner (IFG) im Gespräch mit Dirk Kiefer, dem Leiter von bayernkrativ, dem bayerischen Kompetenzentrum für die Kultur- und Kreativwirtschaft. Dirk Kiefer stärkt die unternehmerische Kompetenz der Kreativen, vernetzt und unterstützt Nano- und Microprojekte. Alexandra Kröner hatte in vielen Gesprächen mit bayernkreativ, in der Metropolregion München, mit dem Ministerium und vor allem mit Ingolstädter Kreativen die Veranstaltung vorbereitet und konzipiert – ein Erfolg mit Startschussenergie.

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Norbert Forster, Vorstand der IFG, war die ganze Tagung aktiv dabei. Er hat nun die Aufgabe, dranzubleiben und Maßnahmen für die KUK voranzubringen. Konkret geht es um einen festen Ansprechpartner für die Kreativen und den gezielten Austausch im weiten feld zwischen Standortförderung und freier Subkultur.

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Elizabeth Reyna (medienwerkstatt, re.), Beate Diao (Kunst- und Kulturbastei, BBK, 2 v. re) und Viki Haderer (Performancekünstlerin, Künstler an die Schulen e.V., li.) sind feste Größen der Kulturszene und stehen für kulturelle Bildung, urban art-Projekte und ACHTUNG KULTUR. (v. re. n.li)

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Eduard Kastner, Medienunternehmer (Wolnzach), Kunstförderer und Ehrenmitglied der AdBK München (2.v.li., neben Veronika Peters), spricht sich für mehr Baukultur aus.

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…. und viele weitere Gäste aus Wirtschaft, Politik und Kultur, darunter Michael Haas und Monika Haas (Haas Bau GmbH), Veronika Peters (Stadträtin, Kulturförderin und Unternehmerin techn. Bereich), Francesca Pane (Künstlerin, Performance, Theater), Anja Sprotte, (Geschäftsführerin Künstler an die Schulen), Christian Ponzer (3. Bürgermeister Gaimersheim, Unternehmer Gesundheitsbereich), Patricia Klein (Stadträtin und Fraktionsvorsitzende), Tobias Klein (Geschäftsführer Ingolstädter Veranstaltungs-gGmbH,), Julia Seiler (Bloggerin, Stadtplanungsamt München), Arslan Cakli (Bau und Sanierungen), Markus Bauch &(mp event, Open Flair, Herzogsfest), Renate Preßlein-Lehle (Stadtbaurätin), Ulrike Brandt (Leiterin Stadtplanungsamt), Thomas Dieser (Unternehmer, IN City e.V., Stadtrat), Stadtrat Henry Okorafor, Stadtrat Karl Ettinger, Ruth Schneider (Coaching, Thementheater „SichtWechsel“), Marcel Ferreira, Rainer Weber (kommaD – Design, Eventveranstalter, TEDx), Stefan Schleicher (Unternehmer Steuerwesen), Erika Schleicher (intern. Modebranche), Alfred Zedelmaier (Personalentwicklung), Hans-Jörg Heidenreich (Handwerkskammer, Gründerberatung), Dr. Isabella Kreim (Kulturkanal).

 

 

 

 

Bilder: (c)Petra Kleine

 

 

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